Freitag, 26. März 2010

Wuppertal am Welttheatertag Schauplatz eines entfesselten Theaterbekenntnisses

"Freiwillige Aufgabe" wird gern missverstanden

Am 27. März ist Welttheatertag. Da wird die bislang größte gemeinsame Aktion der deutschsprachigen Theater über die Bühne gehen, in Wuppertal, wo man die "Wuppertaler Bühnen" über die Wupper gehen lassen will. Deshalb veranstaltet die Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein diese Großveranstaltung als Solidaritätsaktion, die auch von den Theaterfreunden der Wuppertaler Bühnen und des Sinfonieorchesters Wuppertal gefördert wird. An sechs Spielstätten in Wuppertal wird von mehr als 50 Theatern gespielt! Wuppertal soll Schauplatz eines entfesselten Theaterbekenntnisses sein.

Wer fährt schon nach Wuppertal, um sich eine Hose zu kaufen? Natürlich niemand. Aber Familien aus der Region kennen den Wuppertaler Zoo und Technikfreaks im weiteren Umkreis die Schwebebahn, das Wahrzeichen Wuppertals, ein ziemlich einmaliges Verkehrsmittel. Für weitaus mehr Menschen in aller Welt aber ist mit Wuppertal untrennbar verknüpft mit "Tanztheater" und dem Namen Pina Bausch. Und in dieser Stadt sollen also jetzt für die Theaterleute die Lichter ausgehen.

In einer Stadt, die Geburtsort einer ganzen Reihe bekannter Persönlichkeiten (darunter auch viel Künstler) ist; unter anderem stammen aus Wuppertal, beziehungsweise aus den Vorgängerstädten Barmen und Elberfeld: Friedrich Engels, der gemeinsam mit Karl Marx den Marxismus entwickelte, Friedrich Carl Duisberg, als Chemiker und Industrieller Ende des 19. Jahrhunderts maßgeblich an der Entwicklung der chemischen Industrie in Deutschland beteiligt, ebenso wie Friedrich Bayer, Gründer der Farbenfabrik Friedrich Bayer, heutige Bayer AG, die Lyrikerin Else Lasker-Schüler, Ferdinand Sauerbruch, der bedeutendste Chirurg seiner Zeit, der Philosoph Rudolf Carnap, ein bedeutender Vertreter des logischen Empirismus; weiter: Horst Tappert, die Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer, der Schauspieler und Comedian Christoph Maria Herbst sowie auch Tom Tykwer; und der in Barmen geborene Johannes Rau war zwei Jahre Oberbürgermeister von Wuppertal, später langjähriger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und achter deutscher Bundespräsident. Und noch ein bekannter Name: Alice Schwarzer wurde in Wuppertal geboren.

Mit diesen Namen verbindet sich einiges. Eine solche Stadt sollte eine Kulturstadt sein. Immerhin steht Wuppertal mit rund 355.000 Einwohnern von der Größe her an 17. Stelle in der Liste der deutschen Städte. Wie auch immer - die Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein will jedenfalls ein Zeichen setzen, lädt nach Wuppertal ein zur Feier des Welttheatertages 2010. Dabei protestieren über sechzig Theater und zahlreiche Persönlichkeiten aus Kunst, Politik und Wirtschaft gegen die finanzielle Auszehrung der Kommunen und der damit verbundenen Unterhöhlung des Selbstbestimmungsrechtes.

In einem Statement der Intendantengruppe heißt es: "Die Steuerpolitik von Bund und Ländern stellt nicht nur einen Verstoß des Konnexitätsprinzips dar, welches die Gesetzgeber auf den Ausgleich für die finanziellen Folgen ihrer Gesetze verpflichtet, sie unterwandert auch die Basis unserer Demokratie. Denn vor allem in den Kommunen wird Demokratie wirklich erfahrbar. Die ständig
sinkende Beteiligung an Wahlen hat in dem Zustand unserer Kommunen eine Ursache.

Wir befürchten, dass die in Wuppertal beabsichtigte Schließung des Schauspielhauses, das 1966 von Heinrich Böll eröffnet wurde und Schauplatz einiger der größten Tanztheater-Visionen von Pina Bausch war, sich zu einem Signal mit verheerenden Folgen in der viel bestaunten deutschen Theaterlandschaft ausweitet. Längst nämlich sind auch eine Reihe anderer Theater ähnlich bedroht.

Die Begründung, Kultur sei eine 'freiwillige Aufgabe' der Kommunen, ist angesichts der Geschichte Deutschlands ein zynisches Argument. Die Bundesrepublik ist der Nachfolgestaat der Nazi-Diktatur, in der Kultur und Sport gleichgeschaltet waren. Deshalb wurden sie in der Bundesrepublik als 'freiwillige Aufgabe' definiert. Die Kommunen sollten selbst entscheiden, wie sie Kultur und Sport fördern wollten. Die Bezeichnung 'freiwillige Aufgabe' beschreibt also ein Privileg, keine Beschränkung."

Holk Freytag, der Vorsitzender der Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein, schließt das Statement ab und stellt fest: "Die Bundesrepublik Deutschland gibt jährlich ca. zwei Milliarden Euro für die Theater und Orchester aus – das sind ziemlich genau 0,2 Prozent aller öffentlichen Haushalte. Wehren Sie sich gegen jeden Versuch, durch Kürzungen dieser Mittel unsere Jugend von der Fortschreibung unserer Kultur abzuschneiden und unsere Kommunen weiter auszuzehren."

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"Verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre"

Gerade lese ich, was der Soziologe Ulrich Beck über Väter sagt, die zwar behaupten, mehr Bedeutung im Leben ihrer Kinder haben zu wollen, aber im Durchschnitt, das Wochenende eingerechnet, sich maximal 20 Minuten am Tag mit ihren Kindern beschäftigen. In etwa s abgewandelter Form erlebe ich das mit SchauspielerInnen, diese "verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre". Schon allein, was manche da an Text von sich geben, Aufführung für Aufführung, und nicht merken, dass sie reinen Unsinn reden. Und wenn man sie drauf aufmerksam machen will, tun sie zwar so, als hörten sie zu, aber sie bleiben im hörbaren Unverständnis stecken. Da ändert sich nix. Zum Heulen! Und wenn man dann noch die weniger zu spezifizierenden Dinge  betrachtet möchte, wie innere Haltung, Darstellen ... Lassen wir es! Zum allgemeinen Aufheitern lieber hier ein Video:

Youtube

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Mittwoch, 24. März 2010

Bewusst ignoriert

Später sind viele schlauer. Früher schlauer sein - das ist es! Habt Ihr die Hysterie um die Schweinegrippe mitgemacht? Schon ganz am Anfang wussten Twitterer, dass da wahnsinnig übertrieben wurde, haben statistisches Material veröffentlicht, welches aber kaum jemand ernst genommen hat, weil damals (für heutige Verhältnisse liegt der Ausbruch der Schweinegrippe schon Lichtjahre zurück) Twitter noch nicht sooo ernst genommen wurde. Heute schreibt der Hausarzt bei Schweinegrippe nur eine halbe Woche krank, und "Der Spiegel"  publiziert die "Chronik einer Hysterie".

Hysterie gibt es ja schon länger. Allein das Wort deutet darauf hin (stammt ja schließlich aus dem Altgriechischen.) Problem ist nur: Wie merkt man frühzeitig, wann so eine neurotische Störung vorliegt. Ich hab noch nie verstanden, weshalb 50.000 Menschen im Münchener Olympiastadion zum Beispiel bei den "Stones" oder bei "Genesis" glauben, ein "Konzert" zu erleben. Das ist schon physikalisch nicht möglich. Ich diagnostiziere auch Hysterie bei denen, die glauben, man müsse "Avatar" gesehen haben. Ich hab mir den "Herr der Ringe" nicht angesehen und hab auch "Star wars" bewusst ignoriert wie früher wschon "Der weiße Hai".

Von den "top 250 all time" hab ich nicht mal ein halbes Dutzend gesehen. Titel kenne ich ne Menge, bloß gesehen, gesehen hab ich die Dinger nicht. Und dabei war um mich rum im Umfeld eines ominösen Filmstarts so manche Hysterie zu erleben. Als ich jetzt diese Liste der besten 250 aller Zeiten (die ich allerdings mit keiner anderen Liste der Besten aller Zeiten verglichen habe) genauer unter die Lupe nahm, fiel mir ein Streifen auf, den ich als Teen vor einem halben Jahrhundert gesehen hatte: die Nummer 136, The General aus dem Jahre 1926. Bis heute ist der Protagonist dieses Stummfilms, Buster Keaton, eine Autorität. Sein dead pan - da könnt ich hysterisch werden.

Ich könnte aber jetzt keine Liste der besten Filme aller Zeiten aus meiner Sicht erstellen. Wahrscheinlich hab ich überhaupt nur 75 gesehen - oder so. "Big Time" von Tom Waits war dabei. Das ist einer meiner Favoriten, noch heute (da erzähl ich vielleicht später mal von, von "Big Time"), auch "Und täglich grüßt das Murmeltier" ist bei mir ganz hoch gerankt. Und "Kiss kiss, bang bang" (ein Sonderfall von Film, o je, kann man daraus fürs Theatermachen lernen, obwohl man auf der Bühne nicht einen Bruchteil soviel Theaterblut verspritzen kann). Ach ja, Fellinis "La strada" ist auch auf der Liste der Top 250, es ist die Nummer 221. Dabei war die Giulietta Masina ("Gelsomina") lange meine Nummer 1, zu einer Zeit, als die ersten italienischen Gastarbeiter in den Baracken hinten versteckt in den Gärten hausten, zu einer Zeit also, als viele in hysterischen Anwandlungen mit Goggos und Lloyds unbedingt über die  Alpen mussten, nach bella Italia, wo alles am Strand von Rimini und anderswo möglichst rasch  krebsrot verbrannt sein wollte, aus lauter Hysterie, bei der Rückkehr nicht ausreichend Urlaubsbräune vorweisen zu können. Ich hatte weder Goggo noch Lloyd, geschweige denn einen Janus oder gar eine Isabella, ja, ich hatte nicht mal den Führerschein.

Jetzt mach ich Schluss, ach ja, nur noch eben die Frage: Wo muss man denn zur Zeit gerade drin gewesen sein?

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Sonntag, 21. März 2010

Die Welt ist wieder mal zum Speien

Ja, jetzt liegt dieser Sonntag (fast) hinter uns.
Er war durchwachsen, was das Allerweltsthema Wetter angeht.
Meist hab ich gefroren, obwohl doch der Frühling kommen sollte.
Ansonsten hab ich viel Zeit damit verbracht, einen Mitschnitt unserer gestrigen Aufführung editierbar zu machen.
Ich konnte die Aufnahme gar nicht vom Camcorder auf den PC bringen.
Wäre wichtig, weil wir zwei Schauspielerinnen für die Herbstaufführungen umbesetzen müssen und ihnen eine DVD zum Lernen der (Über)-Gänge zur Verfügung stellen wollten. Noch weiß ich nicht, ob ich zu Potte komme.

Ansonsten hab ich den "Spiegel" dieser Woche nachgelesen - ehe morgen der Neue kommt und ich so sehr im Verzug bin ... Die Lektüre hat mich wg. verschiedener Geschichten wieder völlig aus den Socken gehauen: Die Welt ist einfach zum Kotzen.

Nur wir, auf der Bühne, wir sind berechenbar - wir lügen ja eingestandenermaßen: Wir sind nicht die, die wir zu sein vorgeben, wir reden, was jemand anders uns (vor)geschrieben hat, wir tun so, als fühlten wir das, was wir zu fühlen vorgeben, und wir denken was ganz anderes als was die da unten glauben, was wir denken.

Das alles unterscheidet uns, wenn wir auf der Bühne unsere Arbeit machen, von denen, die so tun, als würden sie nicht spielen. Aber hallo: An dieser Stelle könnte ich Kuchen schreien wegen der miserablen Mimen namens Köhler, KaTe, WW, Bene und wie sie alle heißen.

Gut, gut, jetzt mach ich nch ein ganz wenig am PC, dann lern ich Text und morgen ist ein neuer Tag, mit Zahnarzt, Gymnastik und vielleicht einem Kabarettbesuch bei Venske und Busse (in Augsburg).

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Samstag, 20. März 2010

Was soll ich mit der Verantwortung


Wer ist verantwortlich? Was soll ich mit Verantwortung? Weg damit! So scheinen mir manche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen zu denken. Als Künstler! Als Schauspieler! Sowas kann ich mir gar nicht vorstellen. Dass ich Verantwortung abgebe. Aber nach einer Vorstellung kommen mir immer wieder Gedanken. Ich kann nicht einfach abschalten. Hab ich alles gemacht, was ich kann? Hab ich Kunst geliefert? Schauspielkunst?
Manche reden sich raus: "Ich mach alles, was die Regie gesagt hat." Dabei ist schon fraglich, ob sie "die Regie" nun wirklich und wahrhaftig und üüüüberhaupt verstanden haben. Wenn jemand kritisch anmerkt: "Was ich da von Dir gerade auf der Bühne gesehen und gehört habe, finde ich etwas dünn." dann reden sie sich raus: "Aber genau so soll ich es machen - hat die Regie mir gesagt." 
Die Regie aber rotiert, weil die Actrice, der Acteur gar nichts verstanden hat. Da steht "die Regie" schön blamiert da. Sie ist für das Kunstwerk verantwortlich. Sie steht im Programmheft als Urheberin des Kunstwerks. Aber die Darsteller. die für ihre Darstellung - verdammt nochmal - verantwortlich zeichnen sollten,  reklamieren absolut nur bei  positiver Resonanz die Leistung für sich. Hat jemand was zu bemängeln, zu monieren, zeigen sie mit dem Finger auf  "die Regie", welche angeblich nicht richtig, nicht genau genug, völlig oberflächlich, total unkünstlerisch ... (Ihr wisst schon ....)
Das alles ist angesichts der wirklichen Probleme in der Welt nun absolut unbedeutend. Aber wenn Du von der Bühne kommst und damit leben musst, dann tangiert es Dich unmittelbar. Gute Nacht.

Mittwoch, 17. März 2010

Ein ungehobener Schatz

SchauspielerInnen arbeiten (überwiegend) auch mit Texten. Überwiegend mit Texten, die sie gelernt haben. Und dann sollen sie sie so sprechen, als ob diese Sätze gerade ihrem Denken entspringen würden. Und es soll sich fürs Publikum so anhören, als seien es die ureigenen Gedanken der Figur, welche die Sätze gerade spricht.

SchauspielerInnen sollten eben keine Sprechmaschinen sein. Nicht umsonst heißt es ja ein Fundamentalsatz: "Sag, was Du meinst, und meine, was Du sagst!"

Wie das realisiert wird, ist ... ja was?

Können? Intuition? Erfahrung? Handwerk? Kunst?

Und der Weg dahin? Was ist das? Wie geht man den?

Was tut die Regie bei all' dem?

Gerade finde ich beim Stöbern im net wieder mal ein Goldkorn: Erkenntnisse darüber, wie Sprache und Musik miteinander verschwistert sind. Ich hab mir vorgenommen, das sehr intensiv zu studieren. Ich ahne, hier liegt ein ungehobener Schatz - es sei denn, Ihr wisst jemand, der mit diesen Erkenntnissen in seiner Theaterarbeit schon arbeitet.

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Freitag, 12. März 2010

Was mich so umtreibt, künstlerisch, nachts

"Der nackte Wahnsinn" ist ein meist als Superkomödie verschlissenes böses Stück übern Theaterschmiere. Verschmieren ist schrecklich. Alles verschludern lassen, "ist doch wurscht", "das Publikum merkt doch nix". Wer in einer Schmiere verhaftet ist und noch einen Funken von irgendwas in sich spürt, findet das, was da in "Der nackte Wahnsinn" das Publikum zum Schenkelklopfen veranlasst, ganz und gar nicht lustig, sondern eher: Peinlich! Unverzeihlich! Unprofessionell! Verabscheuungswürdig.!

Übers Versteinern, das Erstarren gibt es noch kein Stück. Dabei ist das Versteinern, das Erstarren mindestens so übel wie das Verschmieren, also eher: Peinlich! Unverzeihlich! Unprofessionell! Verabscheuungswürdig!

Im Theater geht es doch um das Leben, ums Lebendige. Das Leben an sich ist Chaos. Ordnung ist Tod. Wer spielt lebt, und wer lebt, spielt.  "Ist doch egal" führt zum Verschmieren. Bewusst verändern-wollen, verbessern-wollen - das verhindert das Versteinern. Das aber setzt voraus, dass die (Schau-)Spieler wirklich spielen wollen, sich nicht an (vielleicht zur Premiere) Erreichtes klammern, den Prozess wollen, auf den Progress gierig sind, auf die Ausrede verzichten "Ich mach doch alles, was der Regisseur gesagt hat."

Es war schon immer eine Gemeinheit zu sagen: "Du hast dich überhaupt nicht verändert." Wer über einen längeren Zeitraum ein Stück spielt und dabei seiner Rolle keine neuen Facetten abgewinnt, die auch nach außen sichtbar werden, wer bei einer Wiederaufnahme 1 : 1 reproduzieren will, kann sich gleich einen Spaten nehmen.

Wenn ich in einem freien Ensemble (also da zumindestens doch!) arbeite, erwarte ich Lust auf  Leben, den Ehrgeiz, immer besser werden zu wollen, den Drang, Abend für Abend das Publikum gewinnen zu wollen. Wie selten treffe ich auf einen oder eine, der oder die mich im Laufe einer Aufführungsserie in diesem Sinne anheizt, anstachelt, antörnt, weiter voran zu kommen. Genauso selten treffe ich auf eine oder einen, die oder der mich im Laufe einer Aufführungsserie fragt, wie wir zusammen etwas weitertreiben könnten, dran rum-macht, wie man bestimmte Dinge besser setzt.

Mein Drang dazu wird eher als lästig empfunden, meine Versuche in diese Richtung werden abgewehrt, geblockt. Tipps? Will kaum noch jemand. Es können doch schon alle alles. Der Versuch, etwas weiter geben, an Erfahrungen teilhaben lassen zu wollen, wird  neuerdings sogar als "Mobbing" angesehen. Das ist der Hammer. Jeder Gastwirt kann seinen Angestellten, seien sie noch so lange schon bei ihm beschäftigt,  Anweisungen geben, wie sie das Verhalten gegenüber den Gästen verbessern. Schauspieler dagegen wollen einfach in Ruhe gelassen werden

Die allermeisten sind froh, wenn sie fertig sind. Bo eyh! Ein Schauspieler, der fertig ist. Die Sprechmaschine liefert ihren Text ab und führt die Abend für Abend rein äußerlich die Regieanweisungen aus. Er meint gar nie, was er sagt, hört einfach nie zu, reagiert nie wirklich, nimmt nie ab, setzt nie drüber. Glaubt nicht, dass ihm so niemand glaubt. Und dafür will er Applaus. Und Honorar.

Erhellend ist, was das Rechtslexikon-online zum Stichwort "Honorar" sagt:

"Honorar: Vergütung für freiberufliche Tätigkeiten.Das Wort entstammt dem lateinischen Wort 'honorarium', was soviel wie 'Ehrengeschenk' bedeutet.  Zu den freien Berufen gehören die Berufe, die aufgrund besonderer Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art zum Gegenstand haben."
Wer freier Künstler sein will, (also der zumindestens doch!) sollte sich die Honorar-Definition (eine weitere lesenswerte Worterläuterung findet man hier) mal auf der Zunge zergehen lassen. "persönliche, eigenverantwortliche und unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art". Aber hallo! Das ist zwar so wenig wirklich justitiabel wie das Gewissen im Grundgesetz. Aber: Gehen wir davon aus, dass die "Erbringung einer Dienstleistung höherer Art" bei vertraglichen Vereinbarungen zwischen freien Künstlern als Äquivalent für die Honorarzahlung betrachtet werden kann, da könnte ich manches Mal zweifeln, ob ich immer die volle Summe zahlen muss.

Wer muss was? Wer darf was? Was darf man fordern, wenn man zusätzlich zur eigenen künstlerischen Arbeit (als Darsteller, Regisseur) auch noch weiteres Risiko geht, indem man ein Haus mit allen damit zusammenhängenden Kosten betreibt, welches ja überhaupt die Basis bietet für (Honorar-)Vereinbarungen. Wer ist denn hier in welchem Sinne frei? Wie hoch darf  die künstlerische Latte gelegt werden? Was ist zu tun, wenn aus meiner in diesem Falle maßgeblichen Sicht heraus die Dienstleistung höherer Art meinen künstlerischen Ansprüchen nicht genügt und in einer mich nicht befriedigenden Weise, ja nicht mal ausreichend erbracht wird? Was ist mit Inspizienz und Abendregie?

In Kai Hensels "Klamms Krieg" sagt Klamm über den Lehrer, der den "pädagogischen Eros" nicht mehr verspürt: "... dann muss er aufgeben, sofort, ab in die Frühpensionierung, sonst wird er verrückt - oder er erschießt sich am besten gleich." Das gilt analog für den Schauspieler, der den zu seinem Beruf gehörenden Eros nicht mehr spürt, der (immer ganz) fertig ist: "... dann muss er aufgeben ..."

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Mittwoch, 10. März 2010

Dr. Faust, die faule Sau

Jetzt hab ich gerade nochmals nachgelesen: Faust war einfach faul. Er wollte jünger werden, fast um jeden Preis. Aber er wollte sich nicht anstrengen müssen. (Wieso fällt mir bei der Lektüre eigentlich der eine oder andere Schwadroneur ein, der von anderen Leistung verlangt, selbst aber auch noch nie einen Spaten in der Hand gehabt hat - außer bei dem einen oder anderen Spatenstich, der ja gemeinhin nur Show ist?)

Mephistopheles:
...
Dich zu verjüngen, gibt's auch ein natürlich Mittel;
Allein es steht in einem andern Buch,
Und ist ein wunderlich Kapitel.

Faust:

Ich will es wissen.

Mephistopheles:

Gut! Ein Mittel, ohne Geld
Und Arzt und Zauberei zu haben:
Begib dich gleich hinaus aufs Feld,
Fang an zu hacken und zu graben
Erhalte dich und deinen Sinn
In einem ganz beschränkten Kreise,
Ernähre dich mit ungemischter Speise,
Leb mit dem Vieh als Vieh, und acht es nicht für Raub,
Den Acker, den du erntest, selbst zu düngen;
Das ist das beste Mittel, glaub,
Auf achtzig Jahr dich zu verjüngen!

Faust:

Das bin ich nicht gewöhnt, ich kann mich nicht bequemen,
Den Spaten in die Hand zu nehmen.
Das enge Leben steht mir gar nicht an.

Mephistopheles:

So muß denn doch die Hexe dran.

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Dienstag, 9. März 2010

Hier kommt ein Hauch von Frühling

Wenn du den Frühling nicht mehr erwarten kannst, lass Dich überraschen:
– klicke mit der Maus zuerst auf den Link im Schneemann 
– danach klicke auf die erscheinende schwarze Fläche 

 – egal an welcher Stelle
– beliebig lange und so oft du willst!

Viel Spass

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Samstag, 6. März 2010

Ein aktueller Gedanke

"Kultur und Bildung sind keine herrschaftsfreien Räume. Denn insbesondere über Kultur oder die Teilhabe an bestimmten kulturellen Ereignissen werden Unterschiede in einer Gesellschaft definiert. Bayreuth und Salzburg seien hier nur als Beispiele genannt."

Ein Zitat aus einem Interview mit dem Elitenforscher Michael Hartmann, das zu lesen sich angesichts der anhalten Diskussion zum Thema "Bildung" lohnt.

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Freitag, 5. März 2010

Passt auf!


Allen (freien) Künstlerkollegen, die sich selbst vermarkten (müssen), möchte ich meine jüngste Erfahrung weitergeben: Verhandelt nicht über Auftritts-Konditionen an Tagen, an denen Eure Stimmung ohnehin nicht die allerbeste ist.

Wenn Ihr schon sowieso mies drauf seid wegen des anhaltend schlechten Wetters zum Beispiel, wegen etwaiger Soft- und Hardware-Probleme, Schwierigkeiten mit den Telekommunikationsverbindungen, weil Ihr einen anonymen Brief aufgemacht und gelesen habt, statt ihn ungelesen in den Papierkorb zu werfen, oder weil Ihr ein Paket  angenommen habt, dessen Annahme Ihr Euerem Bauchgefühl folgend hättet verweigern sollen - also an solchen Tagen solltet Ihr nicht auch noch über die Konditionen eines Auftrittes im Rahmen irgendeiner Betriebsfeier oder eines runden Geburtstages verhandeln.

Ich habe die Warnsignale missachtet und bin aufpeflatscht, aber wie! Der Veranstalter, der nicht ganz genau weiß, wieviele seiner Einladung folgen werden ("50, 60 oder auch das ganze Dorf"), will zwar "ne große Sause mit allem Pipapo machen", aber bezüglich der Gage schlägt er vor: "Ach, wissen Sie was - ich lade Sie einfach auch ein. Da können Sie fressen und saufen, soviel Sie wollen."

Und er wundert sich, dass ich nicht vor Freude im Sechseck springe ... Ich gestehe: Mir hat es den Tag vollends verhagelt. Mein Tipp also: Passt auf! Prüft, ob die Zeit zum Verhandeln günstig ist.

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