Montag, 29. August 2011

Bart und Zöpfe ab: Pocket-Klassiker-Biennale

Seit einiger Zeit elektrisiert uns die Idee einer
Pocket-Klassiker Biennale.
"Klassiker ohne Zopf und Bart".
Unser AuGuSTheater Neu-Ulm (Außergewöhnliches Goethe und Schiller Theater)  spielt derzeit "fast Faust" (den Goethe-Klassiker als geistvollen, aber sehr humorigen geistigen Schnellimbiss), hat schon gespielt "Hamlet 4 U" (den ollen Shakespeare bearbeitet vom gebürtigen Ulmer Sebastian Seidel) und auch die Schillerschen "Die Räuber" (in einer Version für 4H und 1D, die es auch noch schlanker gibt für 2H und 1D).
Man kann die Ergebnisse in unserem Archiv angucken.


Das "1. Neu-Ulmer Pocket-Klassiker-Festival" organisiert das AuGuSTheater Neu-Ulm beinahe komplett ehrenamtlich. Es entstehen verhältnismäßig geringe administrative Kosten. Die Idee dieses Festivals ist eng mit der von mir persönlich in starkem Maße und mit viel Engagement unterstützten Innenstadt-Initiative "Wir in Neu-Ulm" verbunden. Viele Dinge werden im Einvernehmen mit diesem und sehr kollegialer Zusammenarbeit in diesem Kreis realisiert.

Es wird ein "Neu-Ulmer Pocket-Klassiker-Festival" sein. Signale für Sponsoring und weiteres Engegament kommen aus den verschiedensten Ecken. Auch die Stadt steht dahinter.

Zum Festival an sich ein paar Infos, die den Stand der Dinge (29. August 2011) wiedergeben:

Das Festival in Neu-Ulm ist geplant vom 15. bis 24. März 2012.
Fürs erste Festival nach Zusagen eingeplant sind:
Bernd Kohlhepp ("Die Räuber), Bernd Lafrenz ("Der Widerspenstigen Zähmung"), Karl-Heinz Helmschrot ("Fasst Faust")  und "s'ensemble-Theater" ("Hamlet 4 You"), AuGuSTheater Neu-Ulm ("fast Faust").
Es gibt auch eine prinzipielle Zusage von  Michael Quast (mit Sabine Fischmann in "Don Giovanni à trois"), wobei ich sehr hoffe, dass wir im fraglichen Zeitraum tatsächlich einen passenden Termin finden.
Mit Hubert Burghardt (ebenfalls prinzipielle Zusage) sind wir im Gespräch.
Beim "1. Pocket-Klasssiker-Festival" sollen möglichst sieben Shows (einschließlich Opening-Abend) über die Bühne gehen.
Künstler wie „Helge & das Udo“, Stefan „Kaminski on air“, Uli Böttcher oder auch Justus Neumann zeigten sich von der Idee sehr angetan und wären gern gekommen, wenn sie in dem geplanten Zeitraum nicht schon anderweitig gebunden gewesen wären.
Es wird ein Pocket-Klassiker-König gekürt.
Dazu wird es eine Jury geben.
Außerdem wird ein Publikumspreis vergeben.

Angedachte Spielorte:
Opening-Abend und "fast Faust" des AuGuSTheater Neu-Ulm: "Großes Haus" des AuGuSTheater Neu-Ulm. Eine prinzipielle Zusage gibt es vom „Barfüßer“ und vom „Orange Hotel“.
Kontakt aufgenommen gesucht wurde: Oldtimerfabrik Classic, Settele-Partyspezialist; da stehen die Antworten noch aus. Möglich wären aus unserer Sicht: Hirsch Finningen, Schlössle Offenhausen, Parkhotel. Da müssen wir noch anfragen.
Die jeweiligen Locations sollten mindestens 140  Plätze haben.


Sponsoring

Mein Traum ist: Ich gewinne für jeden Abend einen Sponsor, welcher die Gage des Künstlers / des Ensembles übernimmt. Jeder dieser Sponsoren bekommt als Gegenleistung 40 Karten zur Verfügung gestellt für den Abend, den er sponsoriert. Die Karten kosten 25 Euro.

Besonderheiten:

Der Opening-Abend ist ein "WIN"-Fest, an dem die Mitglieder grundsätzlich (mit zwei Personen) freien Eintritt haben, aber eine Spende zahlen können  (nicht: müssen) - Voraussetzung: "WIN" übernimmt die Honorar-Kosten für diesen Eröffnungsabend, die durch eingegangene Spenden nicht gedeckt sind.

Die nicht durch die Sponsoren beanspruchten Eintrittskarten für die sieben Shows sind im freien Verkauf zu haben. 

Weitere Ideen sind möglich.


Mittwoch, 24. August 2011

Macht Loriot seine Drohung wahr?

Loriot-kopf01
Wie hatte Vicco von on Bülow alias Loriot vor knapp vier Jahren bei Beckmann der gerade verstorbenen Kollegin Hamann nachgerufen?
„Liebe Evelyn, Dein Timing war immer perfekt, nur heute hast Du die Reihenfolge nicht eingehalten."
Und dann hatte er gedroht: "Na warte!"
Immerhin fast vier Jahre musste sie warten - ob er ihr jetzt den Kopf wäscht, Perfektionist der er war. Vor allem in Sachen Timing!
Über das Komische hat er mal gesagt:
"Es gibt natürlich die Tendenz bei Kritikern des Komischen, ein Komiker müsse auch immer eine tragische Figur sein - der traurige Clown. Das ist deutsch. Ein Engländer würde darauf nie kommen. Für den ist das Komische so bedeutend und wichtig, daß er froh ist, wenn einer komisch sein kann. In Deutschland wird er erst wichtig, wenn man dem Komiker auch seine tragische Seite nachweisen kann.
Ich werde oft gefragt, ob man in Deutschland weniger Humor hat als anderswo in der Welt. Da ist mir neulich sehr übel mitgespielt worden. Bei einem Fernsehinterview habe ich gesagt: 'Natürlich haben die Deutschen genau soviel Humor wie jedes andere Volk auch ...' Den Rest haben sie abgeschnitten. Aber jetzt kam leider erst die Hauptsache des Satzes, nämlich: '... nur ordnen sie das Komische auf ihrer Wertskala ganz woanders ein. Der Komiker ist ganz weit unten. Die Tragödie ist ganz oben.' "
Wer Loriot im Theater spielte, wurde bespöttelt.
Das hat nachgelassen: Inzwischen nahmen sich große Bühnen in prominenter Besetzung der Loriot-Szenen an, so Gunnar Möller und Christiane Hammacher am Schiller-Theater in Berlin - als Gastspiel einer Produktion der Komödie im Bayrischen Hof (München). Ja, Loriots Dramatische Werke haben regelrecht die deutschsprachigen Theater-Bühnen erobert: Seine "Szenen" waren in der Spielzeit 06 / 07 laut der Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins in der Liste der Werke mit den höchsten Aufführungszahlen an siebter Stelle. 48 222 Menschen hatten die fünf-Minuten-Dramen in 17 Inszenierungen mit 442 Aufführungen gesehen. (Da waren die Zahlen des Theater Neu-Ulm noch nicht einmal dabei, weil wir wegen der Überbürdung im bürokratischen Bereich für diese Statistik nicht gemeldet hatten.) Das, und die Anteilnahme an seinem Tod in diesen Tagen lassen vermuten, dass das Komische in der Werteskala weiter nach oben gerutscht ist.
Die Kunstfigur Loriot war (ist) verdammt politisch.
In der ARD-Reihe Deutschland, deine Künstler (Autorin Claudia Müller) wird deutlich: Die Kunstfigur Loriot war verdammt politisch. In einem besonderen Sinne. Pressemitteilung ARD: "Die Autorin erklärt ..., was die außergewöhnliche Kunstfigur Loriot gesellschaftlich so bedeutend macht: Ihr Werk sei zeitlos, weil es vollkommen ist. Weil Loriots Humor so 'liebevoll' und 'fein-geistig' ist. Weil er uns unsere eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen hält, wie etwa unsere Unfähigkeit, miteinander zu kommunizieren oder die radikalen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Ferner hat Loriot mit wachem Blick das Verhalten von Politikern und anderen Machtmenschen geschickt entlarvt und kleinbürgerliche Ordnungsprinzipien ad absurdum geführt."
Noch ein wenig Theorie
Allen, die noch etwas Theorie brauchen, dürfen wir hier die Fundamentalsätze des Großmeisters des hintersinnigen Humors (denn es in Deutschland ja angeblich gar nicht gibt) reichen, ordentlich zitiert, mit Fußnote (Quellen-Angabe):
„Dramatische Werke soll es seit etwa zweitausendfünfhundert Jahren geben. Das kann stimmen, es gab in Berlin schon Theateraufführungen, als ich noch Kind war. Man spielte damals Stücke von Shakespeare, Molière, Lessing, Goethe, Schiller, Kleist, Ibsen, Strindberg, Hauptmann und ähnliches. Heute sind die genannten Autoren unbekannt und ihre Werke in Vergessenheit geraten. Das Publikum ist anspruchsvoller geworden. Es erwartet die dramatische Verarbeitung von Problemen aus dem eigenen Lebensbereich.
Infolge mannigfaltiger Belastungen durch Beruf, Familie und Freizeit ist der moderne Mensch jedoch kaum noch imstande, sich auf ein mehrstündiges Bühnenwerk zu konzentrieren. Aus diesem Grunde überschreitet so gut wie keines meiner Dramen eine Länge von fünf Minuten. Damit sind sie dem biologischen Rhythmus von Menschen und weißen Mäusen angepasst.“
Ammerland, im Sommer 1981 / Aus Loriots Dramatische Werke, Diogenes Verlag 1981