Sonntag, 27. März 2011

Die Dernière von "Venedig im Schnee" - rundum der Hammer!

Oh - das war ja wirklich toll, wie diese letzte Show von "Venedig im Schnee" gelaufen ist: ein Ensemble in Hochform und das Drumherum, wie man so schön sagt: erste Sahne. Schöner kann man es sich nicht erträumen.

Dabei hatte es morgens nicht so gut begonnen. Zwar hatt die Redaktion der lokalen Sonntagszeitung eine liebevolle Notiz gebracht und trotz Redaktionsschlusszeitenstress noch die Info untergebracht, dass der Autor des Stückes eigens von Paris nach Neu-Ulm (lasst Euch das auf der Zunge zergehen) gereist käme. Aber: Das dazu veröffentlichte große Foto zeigte zwei fremde, auch uns unbekannte Schauspieler, die laut Bildunterschrift angeblich bei uns spielen.

Aber das war das einzige Manko des Tages. Gilles Dyrek, der Autor, kam tatsächlich per TGV. Er war vorher schon mal in Ulm, Schüler, hatte damals in der Jugendherberge auf dem Kuhberg gewohnt, bei einem seiner insgesamt vier Deutschlandbesuche vor rund 20 Jahren. Seitdem hatte er kein Deutsch mehr gesprochen. Dass er in seinem Stück nur "Bahnhof" verstehen würde, war nicht zu erwarten - hatte er doch in "Venedig im Schnee" ("Venise sous la neige"), seinem bislang erfolgreichsten Stück, selbst mehrere hundert Mal gespielt, beide Männerrollen, den Jean-Luc, aber auch den Christophe (den er sich ursprünglich auf den Leib geschrieben hatte).

Wie er uns nach der Vorstellung beim gemeinsamen Nachtessen (mit dem gesamten Ensemble im "Michelangelo" an der Herdbrücke in Ulm) erzählte, hat bei uns die Urfassung seines Stückes gesehen, die - ungeachtet etlicher Aktualisierungen - vom deutschen Verlag noch immer vertrieben wird. Es war sehr angetan, schrieb ins Gästebuch: "Stropié!!! Felicitations - vielen Dank - Gilles Dyrek."

An unsere Facebook-Pinnwand heftete erfolgende Sätze: "Danke für Ihre Aufnahme. Ihr Theater hat eine sehr schöne Seele. Ihr Vorstellung war ein schönes Geschenk für mich. Sie haben mir eine große Freude gemacht. Ich liebe sehr ihr AuGuSTheater. Noch bravo für die ausgezeichneten Schauspieler. Mit Freundschaft Gilles Dyrek"

Seine Glückwünsche (felicitations) wiederholte auch mündlich allen Beteiligten gegenüber, immer wieder, einzeln und global. Na ja, er hatte ja auch viel lachen müssen und auch heftig Zwischenbeifall und Schlussapplaus gespendet.

Apropos Schlussapplaus: Dazu holten wir ihn natürlich auf die Bühne. Und außerdem holten wir auf die Bühne Christa Dubois und ihre Tochter Varinia Dubois. Die beide Damen waren heute erstmals bei uns im Theater. Varinia Dubois hatte "Venise sous la neige", eine der meistgespielten Komödien Europas, schon zwei Mal gesehen, einmal in Paris im Theater und im französischen Fernsehen.

Sie kommt, wie ihr Name vermuten lässt, aus Frankreich. Und sitzt nun erwartungsfroh im AuGuSTheater in der dritten Reihe, um dann - völlig überrascht - einen Mann vor die Nase gesetzt zu bekommen, der, wie sie einer Bemerkung des Platzanweisers entnimmt, Franzose ist, nicht nur das: Er ist der Autor und: wohnt, wie sie selbst, in Fresnes-Paris.

Das ist nicht alles: Ihre Mutter, Crista Dubois ist eine geborene Oertelt aus der Hasslerstraße in Ulm (en passant: einen Steinwurf entfernt von der Jugendherberge, in der Gilles Dyrek gewohnt hatte), die eben irgendwann nach Fresnes-Paris gezogen war. Crista Oertelt kannte das Theater (genauer: den damaligen "Konzertsaal") noch von vor Jahren, da sie als zwölfjährige Ballettratte dort getanzt und sich just an demselben stählernen Feuerlöschschlauchbehälter ein Loch in Kopf  geschlagen hatte wie unlängst der jetzige Theaterleiter.

Jetzt lassen wir die Anekdoten und Gemeinsamkeiten.

Es war ganz herrliches Publikum in der Dernière. Drei junge Männer (so um die 20) zum Beispiel, die nachher gestanden, sie hätten vorher nicht gedacht, dass Theater so viel Spaß machen könnte. Die meisten Leute kann man natürlich nicht persönlich kennen, aber einige haben uns den Abend mitverschönert, die auch hier zum fb-Freundeskreis gehören: die Neu-Ulmer Freischaffende Lilith Milkyway ("Hab mich köstlich amüsiert ((°: Danke"), der Kollege Gerard Hulka, Renate Koch, der Kollege Matthias Born und Gabriela Sperrle ("Vielen Dank für den schönen Theaterabend! Wir werden zukünftig wieder öfter ins Theater gehen! Klasse Stück!").

Muss noch ergänzt werden: Dieser geballten facebook-"Truppe" im Parkett (die mindestens durch die erwähnten drei jungen, allerdings namentlich nicht bekannten Männer verstärkt wurde), standen von Seiten des Ensembles gegenüber: die Actricen Claudia Riese und Christiane Reichert, Techniker Moritz Koch, nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem Regisseur Heinz Koch. Richard Aigner wohnt irgendwo in Memmingen hinterm Mond, wo es derzeit praktisch noch keinen Internetzugang gibt. Und Holger Menzel will sich immer mal wieder auf fb anmelden ... Bei der Absicht bleibt's derzeit.

Es ist zwar schon spät; morgen wird umgebaut auf "Frühstück bei Kellermanns" und der Text dazu repetiert, parallel beginnen die Proben zu "fast Faust" - aber vielleicht reicht's noch, ein paar Fotos hochzuladen.

Und - diesen Abend sozusagen emotional nochmals nachzutarocken. Zu genießen, dass er so schön war, ein Glück zu haben, während viele Menschen parallel um soviel kämpfen (müssen). Der Gilles aus Paris schläft jetzt als Gast eines Kleintheaters in der bayerischen Provinz im "Guestroom" eines griechischen Freundes, der ein italienisches Eiscafé betreibt. Was wir beim Nachtessen noch über Politik gesprochen haben (er war über die Varianten möglicher baden-württembergischer Wahlausgänge und die Folgen bestens informiert) lassen wir jetzt hier auch unter den Tisch fallen.

Er hatte im Laufe des Tages genug darüber erfahren, wie Napoleon nach der Bataille d'Ulm das bayerische Oberamt dem Königreich Württemberg zugeschlagen, seine Teile rechts der Donau amputiert und Bayern belassen hatte, dass vor just vor 200 Jahren Neu-Ulm entstanden und ausgerechnet vom Märchenkönig Ludwig II. zur Stadt erhoben worden war; es hatte ihn erschüttert, wie neu (das offenbar im Krieg stark zerstörte) Ulm aussah (nicht das Neue hatte ihn erschüttert, sondern dass soviel hatte neu gebaut werden müssen). Wenn der am 17 Uhr wieder mit dem TGV Richtung Paris rollt, inklusive Ein- und Ausfahrt Stuttgart, bevor es 21 wird ...

 

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Samstag, 26. März 2011

Fällt Dir nix zu "Neu-Ulm" ein?

Was fällt Dir ein, wenn Du "Neu-Ulm" hörst?
Spontan! Nix?
Gibt es da überhaupt irgendwas (Besonderes, Spezielles)?
Hat Neu-Ulm ein Profil?
Muss es das haben?
Reicht es, Anhängsel von Ulm zu sein?
Kennst Du Stärken von Neu-Ulm?
Was würde Dich nach Neu-Ulm locken?
Kennst Du etwas, was nur Neu-Ulm hat?

Es wäre schön, wenn Du Dich zu der einen oder anderen Frage äußern würdest.
Es interessiert mich als in Neu-Ulm arbeitender Künstler.
Alle, die was sagen, sei jetzt schon mal gedankt.
(Und entschuldigt, bitte, die Anredeform - ich wollte es nicht kompliziert machen.)

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Mittwoch, 23. März 2011

Muss mich rar machen

In der nächsten Zeit muss ich mich etwas rar machen.
Einerseits muss "Frühstück bei Kellermanns" wieder aus der Versenkung geholt werden.
Andererseits will jetzt "fast Faust" gelernt und probiert werden.
Es ist nicht so ohne, den ollen Joethe draufzuschaffen - und gleichzeitig den Witz des "Lustspiels für zwei Schauspieler" (von Albert Frank) herauszukitzeln. Aber topp: Ich nehme die Herausforderung an. Ciao, bis denne. "Schönes Fräulein darf ich's wagen ..."

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Montag, 21. März 2011

Keine Ahnung - Wie ein Politiker

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Im berühmten Sketch "der sprechende Hund" gibt es eine total aktuelle Passage.Nachdem die Interviewerin den Lehrer des sprechenden Hundes über ein paar Hintergründe befragt hat, fordert sie:
"Herr Dr. Sommer, könnte der Hund jetzt mal irgendwas sprechen?"
Dr. Sommer fragt nach einem Thema. Die Sache pläkelt so hin, dann
Dr. Sommer: "... etwas aus der Wirtschaft?"
Talkmasterin: "Ja, bitte"
Dr. Sommer:"Über Atomstrom"
Talkmasterin:"Nein, das sagt er nicht! Politische Äußerungen von Hunden sind auf dem Bildschirm unerwünscht"
Dr. Sommer:"Aber ich versichere Ihnen, das …"
Talkmasterin:" Neinnein …"
Dr. Sommer:"Ich versichere Ihnen, das Tier äußert sich rein privat … ohne jeden politischen Aspekt"
Talkmasterin:"Atomstrom ist ein politischer Aspekt"
Dr. Sommer:"Na wenn schon"
Talkmasterin:"Und nicht Hunde, sondern Politiker haben darüber zu sprechen!"
Dr. Sommer:" Bello hat das Recht, über Atomstrom zu sprechen … wie ein Politiker!"
Talkmasterin:"Aber er weiß ja nicht, worüber er spricht!"
Dr. Sommer:"Wie ein Politiker!"


Hund

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Samstag, 19. März 2011

Wir sollten Neu-Ulm Beine machen

Kopf

Der Denker (Loriot nach Rodin) denkt:

Soll Neu-Ulm seinen Willen („Ich will bleiben, wie ich bin?“) kriegen?

Oder sollen wir Neu-Ulm Beine machen? Ja?

Dann sollten wir uns treffen. 

Wir?

Ja wir - also alle, die Ideen (für Neu-Ulm) hätten, und Lust haben, diese Ideen zu verwirklichen.

Der erste Treff wäre Donnerstag, 24. März 2011, 19.30 Uhr, Großer Sitzungssaal Rathaus Neu-Ulm.

Neu-Ulm sucht nämlich Konzepte – oder sogar: DAS Konzept für die Zukunft.

Die Hauptsucher dabei sind die Leute, die sich ursprünglich mal vor Jahren zu Zwecken des City-Marketings zu einem Verein namens „Wir In Neu-Ulm“ (WIN) zusammengeschlossen hatten. Der Verein war jetzt einige Jahre ein Tiefschläfer. Die nun konkreter angegangene „Glacis-Galerie“ (Einkaufs-Zentrum an der Bahnhofstraße), für die der alte Bahnhof Neu-Ulm weichen musste, hat potentiel Betroffene geweckt und veranlasst, über ein Konzept (des Überlebens von Handel und Gewerbe) nachzudenken. Mehrere Treffen haben stattgefunden. Ein praktisches, auch kontrovers diskutiertes Ergebnis war der „Winterzauber“ auf dem Rathausplatz. Ein Zweites ist bisher dabei rausgekommen: Es soll eine Broschüre entstehen, Arbeitstitel „Neu-Ulm inside“, mit deren Hilfe sich die (etwa 60 MitmacherInnen) vorstellen.

Wir leben in der Kommune Neu-Ulm.

Die Community Neu-Ulm besteht aber nicht nur aus Händlern und Gewerbetreibenden („WIN“), das haben die auch schon gelernt und Gastronomen sowie Dienstleister mit ins Boot genommen. Ein guter Anfang. Aber:

Ich dachte mir, ein paar andere fehlen noch – die, die man nicht so schnell in eine Schublade stecken kann, etwas hilflos umschrieben mit: die Kreativen, die Künstler(ischen), von mir aus auch (Sub-) Kulturellen.

Wenn sich fünf aus dieser „Riege“ der Freiturner den Donnerstag Abend freinehmen könnten und bei Häppchen und einem Gläschen mit spekulieren würden, wie Neu-Ulm in ein paar Jahren lebendiger und attraktiver dastehen könnte, wäre das nicht so verkehrt.

„Das Schönste an Neu-Ulm ist der Blick auf Ulm“, sagen sogar Prominente Neu-Ulmer gern.

Daraus ziehe ich als erstes den Schluss:

Diese Stärke Neu-Ulms sollten wir nutzen und werben: „Komm nach Neu-Ulm und guck Dir Ulm an“. Dazu bauen wir 20 Plattformen und -AussichtsTürme, an schönen Stellen, an der Donau und im „Hinterland“, mit Audio-Guides und Fernrohren, ansprechend gestaltet mit Sitzmöbeln und Blumen. Es könnte da die Aktion realisiert werden „Neu-Ulmer Ausguck“. Autorinnen und Autoren (nicht nur aber auch aus Neu-Ulm) könnte da lesen, Malerinnen und Maler ihre neuesten Werke vorstellen, FotokünstlerInnen Kurse geben, wie man (Ulm aus der Perspektive) ablichtet ...

Neu-Ulm wird im diesem Jahr 200. Und das Stadtrecht wurde 1869 verliehen von keinem Geringeren als von Ludwig II., dem Märchenkönig. Das verpflichtet doch. Folgerichtig müsste Neu-Ulm märchenhafter werden. Eine „Märchenstadt Neu-Ulm“ ist sicher allein schon aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes eher undenkbar.

Aber über ein Leitbild, einen zukunfts-weisenden und -trächtigen Slogan, sollten wir schon nachdenken. Es täte Neu-Ulm gut, eine solche Grundidee zu entwickeln und zu verfolgen, in der auch wir uns wiederfinden können.

Wie Ihr wisst, hat das AuGuSTheater Neu-Ulm vor etwa 15 Jahren die mit buns zusammen ehedem entwickelte Idee „Theater auf Krankenschein“ wieder aufgegriffen. Wir haben diese Idee, mit der wir bei den einschlägigen Ministerien nie ganz durchgedrungen waren, nie ganz aus den Augen verloren und immer an sie geglaubt. Jetzt gibt es in Düsseldorf „Theater auf Rezept“. Wir würden gern anregen: einen „Neu-Ulmer Gesundheitsfond“. Da könnten Finanmittel aus dem Bereich Prävention, Sponsoren-Zuwendungen, Bußgelder und städtische Unterstützung einfließen, die dann denen zugute kommen, die aus Eigenmitteln nicht am kulturellen Leben teilhaben können. Vor allem musische Angebote für Kinder und Jugendliche könnten hieraus gemacht werden.

In meinen Vorgesprächen hat eine Künstlerkollegin bereits eine Idee angedeutet, die anderswo ein riesiges Interesse erweckt und auch bei uns ein Magnet für die Region werden könnte. Ich fühle mich nicht authorisiert, mehr darüber zusagen (weil ja heutzutage soviel geistiges Eigentum geklaut wird). Aber am Donnerstag werden wir auch die Idee ansprechen.

Es müssen auch Hefepilze implantiert werden, Locations angeboten oder belassen werden, an denen kreatives Schaffen provoziert wird. Was ist mit den Plätzen in Neu-Ulm? Welche Anstöße können wir noch geben? Jetzt hab ich ne Menge angerissen. Nun fehlt mir erst einmal weitere Zeit (gleich ist Vorstellung).

Auf der fb-Seite „AuGuSTheater Neu-Ulm“ hab ich den Termin als Veranstaltung eingegeben. Da sollten sich jetzt die, welche sich angesprochen fühlen, melden.

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Freitag, 18. März 2011

Unsere Idee "Theater auf Krankenschein" wird wahr

Irgendwann musste die Idee zünden: "Theater auf Krankenschein".

"Die Welt Online" berichtet heute (18. März 2011) und hier, wie und wo unsere Idee realisiert wird.

Erst vor wenigen Tagen hatten wir einen blog-Beitrag (auf "Drama Ministry - Netzwerk für christlichews Theater") gefunden, der über unsere Idee berichtete.

Und hier dürfen wir nochmals posten, wie es zu unserer Idee kam und was dahinter steckt.

Ach ja - wir in der Provinz .... Manchmal sind wir selbst über uns erstaunt ...

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Donnerstag, 17. März 2011

"Eh ich's vergesse ..." - Memoiren eines Nobody (Fragment 05)

Dies ist jetzt nur eine Momentaufnahme. Nichts Wesentliches im Leben eine Nobody. Vielleicht waren es knapp 60 Minuten. Ich war in Kur, an einem Ort, wo ich nicht hingehöre. Ich mir immer gesagt: Ich gehöre gar nicht hierher. Aber einfach gehen und dann den ganzen Schlamassel zahle, also da hatte ich auch keinen Bock drauf.

Und wenn die Chose dann abreisst, dann hast Du oft Situtionen zu überstehen, die Du normalerweise hasst. Da sitz ich wieder und warte. Gleich kommt die Frau Doktor, Dr. Kuzmaninov, sie leitet die "Progressive Muskelentspannung  nach ... weiß nicht mehr". Das ist jetzt schon mein vorletztes Mal. Ein paar andere sind auch noch da. Ich grüß in die Runde. Nach ner Weile, die Doktorin verspätet sich wieder, quatsch ich den Nebensitzer an.

"Moin. Ich bin der Mario. Mario Béekaff. Manchmal heiße ich auch Spocky, das kommt von Spock, Mr. Spock. Du bist der ... ah Werner. Wir duzen uns alle hier in "Vitalis". Du bist neu. Hab Dich noch nie gesehen. Vielleicht interessierts's Dich nicht, deswegen werde ich Dir mal einiges erzählen, was Du wissen musst. So nebenbei: Hier hab ich was für Dich: Ich mach heute Abend ne Dichterlesung.

Du siehst, ich hab schon ne Menge gemacht. Hätteste mir so auf Anhieb gar nicht zugetraut, was? Na schön.

Mr. Spock getauft hat mich der personal coach, den die Konzernspitze mir vor Jahren aufgedrängt hatte. Er scherzte, ich sei so eine Art Spock-Wiedergänger, womit er lustig umschreiben wollte: Ich sei skrupellos, lieblos, herzlos, kalt, irgendwie unmenschlich -  typisch Businessman. Er konstatierte: fehlende Empathie, gering entwickelte emotionale Intelligenz und daraus resultierend: mangelnde soziale Kompetenz.

„Solche Manager alten Schlages können sich moderne Unternehmen heutzutage nicht mehr leisten“, sagte er. Er wolle mir helfen, das abzustellen. Ich müsse bereit sein zu kooperieren. Im Laufe unserer Kooperation hat er mir als zentrale Maßnahme kurze Filmschnipsel vorgespielt, mit Mr. Spock als abschreckendes Beispiel.

Ich fand den gar nicht abschreckend, eher faszinierend. Sachlich, tough, brainy, zielorientiert. So hatte ich mich idealisiert immer gesehen. Ich wurde dann dazu verdonnert, mir per MP3-Player die Spock-Sprüche immer wieder zu geben. Irgendwie, irgendwann haben die Spock-Sprüche mich irgendwo dann nur noch genervt. Und war erschreckt, dass ich solche Sprüche im Alltag, im Büro und zu Hause, oft abgelassen hatte.

Zum Beispiel: Ich finde es indiskutabel, wie Sie Ihre albernen Emotionen hier zur Schau stellen.“

Ich fing an, mich dafür zu hassen. Ich fand das nicht mehr taff, rational, sachlich und verwendete die Sprüche immer seltener. Und ich sag's mal so: Ich wurde immer weniger spocky, verabschiedete mich innerlich und äußerlich von dem Typ Manager, den sich moderne Unternehmen heute nicht mehr leisten können, und – wurde etwa zwei Jahre nach Beginn der tatsächlich erfolgreichen Abschreckungs-Therapie verabschiedet. Meinen Job macht jetzt ein Jüngerer, nach allem, was ich höre, einer von der Sorte, die sich moderne Unternehmen heute nicht mehr leisten können. Faszinierend.

Na Werner, hast Du mir die Story jetzt geglaubt? Hier schönt jeder seine Biografie. Das wirst Du noch lernen. Mancher erzählen im Laufe der Kur mehrere höchst unterschiedliche Versionen.

Einige spinnen hier ganz schön rum. Faszinierend. Manchmal bin so platt, wie mein Mr. Spock, wenn er mal aufs Holodeck geht. Du wirst es ja selbst sehen, wenn Du dann ein paar Tage hier bist. Ich sag ja immer: Jeder spielt, wer's weiß, ist im Vorteil. Mein Geheimtipp: Spiele Deine Rolle, aber spiele sie bewusst. Da hapert es ja weitgehend.

Nehmen Sie doch die beiden da vorne: Die sind mit mir angekommen. Die haben sich gesucht und gefunden. Seit die hier sind, kriegen die immer wieder den Koller und proben angeblich an einem Theaterstück, der eine als Diabetes und der andere als Hepatitis. Aber die haben noch mehr als nur den einen Spleen. Der Diabetes nennt sich auch gern René und der andere, ein Wiener, Sigmund. Wahrscheinlich heißt der eine Müller, Maier oder Schulze und der andere Wondraschek. Ich werd nicht ganz schlau aus denen. Angeblich haben sie früher schon mal gemeinsame Sache gemacht, waren Komplizen, in Darmstadt, glaub ich. Vielleicht sind sie auch schizophren. Oder einfach nur bekloppt. Wenn das normale Kurgäste sind, bin ich Karl der Große."

Nachdem ich soviel erzählt hab, kriegt der Werner auch mal das Maul auf: "Sind wir nicht alle ein wenig bescheuert?"

Und wir führen das übliche Gespräch unter Fachleuten.  "Klar", sag ich. "Man darf das Leben nicht zu genau betrachten, sonst wird es unerträglich. Illusionen sind unverzichtbar. Ich werde demnächst sowas von einem Bestseller geschrieben haben... aber sowas von einem Bestseller ...  Es ist alles schon fertig in meinem Kopf und darüber hinaus bereits in Arbeit. Das Schwierigste ist ja immer der erste Satz. Die meisten Autoren kapitulieren davor. Schreib-Blockade. Oder neudeutsch Schreib-Bloggade, ha-ha, U now? Mein erster Satz steht, ist fix und fertig. Allein dieser Satz ist Garant für den Bestseller. Frag mich nicht, wie er lautet. Den verrat ich nicht. Wo doch heute alles geklaut wird, besonders geistiges Eigentum. Gut, nenn es Illusion. Aber: Solch ein Projekt verwirklichen zu wollen, das hält einen senkrecht. Man hat ein Ziel, bleibt fit im Kopf. Das ist sowas wie mentales Viagra."


Fragt der Werner: "Apropos, hast Du so ein blaues Wunder schon mal ausprobiert?"

Ich bin zwar erstaunt, dass der Typ da so direkt fragt, mach dann aber das Tor auf und sage: "Hat doch jeder schon mal – oder? Es ist doch nicht mehr wie mit 20. Ich mein, man hat nicht mehr einfach mehrere Erektionen pro Stunde."

Und er bestätigt: "Klar, das Alter, der Stress. Im allgemeinen. Job, midlife-Krise, weniger Perspektive, muss sich ja irgendwie auswirken. Männliche Wechseljahre - weshalb bin denn in Kur?"

Ich leg dann nochmal nach:  "Ich meine, Sex ist ist immer irgendwo mit Stress verbunden … vor allen Dingen, wenn man funktionieren muss. Ich hab es mal auf die veränderte Lebenssituation Situation geschoben. Sowieso weniger Testosteron. Und dann muss man sich ja eingestehen: Soooo attraktiv ist man auch nicht mehr. Es gab auch mächtig Strom in den Tapeten, als ich plötzlich sozusagen den ganzen Tag zu Hause war. Ich hab ihr wohl zuviel reingeredet, wollte zu viel umkrempeln und neu organisieren. Aus meiner Sicht lief das Unternehmen Haushalt ziemlich chaotisch. Aber Lotte wollte nix wissen von meiner Projekt-Planung und supervising. Na ja, was soll's – wir haben uns dann arrangiert, auf zwei Stockwerken, ich oben, sie Parterre. Und jetzt bin ich schon drei Wochen in Kur. Sie hat noch nicht einmal angerufen. Wenn sie ihre Katze mal nen Tag nicht sieht, dann ist das ne Katastrophe, da lamentiert und trauert sie. Mich vermisst sie nicht die Bohne. Wenn ich mal in die Kiste hüpfe, dann trauert sie einen Tag, maximal, wenn überhaupt, und gibt dann die lustige Witwe."

Die anderen sind jetzt drin bei der "Progess-Mu-Entspa". Wir sind in die Cafeteria gegangen. Reden beim Kaffee weiter. Fragt mich doch der Werner (in der Kur lassen alle schnell irgendwie die Arschbacken locker) ganz unverblümt. "Ja, habt Ihr denn noch Sex? Hast Du noch Sex?"

"Irgendwie – schon. Sowas wie … Aber da ist auch immer was Komisches. Ach verdammt, man weiß doch bei Frauen nie."

"Du sprichst ein großes Wort gelassen aus. Eigentlich weiß man nie, wo man dran ist bei ihnen. Man kriegt nicht mal richtig mit, ob's ihnen gefallen hat. Je länger man eine kennt, desto weniger ... Oder?"

"Gehst Du für sowas auch mal zum Arzt, Mario, auch wegen Vorsorge und so?"


"Klar, muss man ja. Aber selbst wenn Du nicht wolltest - Du kannst doch heutzutage den Fängen des medizinisch-industriellen Gesundheitswesen gar nicht mehr ausweichen. In den Innenstädten stolperst Du doch alle zehn Meter in eine Arztpraxis, in eine Tages-Klinik, in irgendein Ambulatorium. Und wenn Du meinst, Du hättest es geschafft, kommt ne Apotheke, von Optikern und Hörgeräteläden ganz zu schweigen."

Ich überleg die ganze Zeit, in der soviel über Gesundheit rede, ob ich nicht mal wieder eine rauchen sollte. Aber dann müsste man vor die Tür gehen. Es regnet. So kann ich eden Rückfall vermeiden. Jeep hätt ich - schon, weil mein Widerspruchsgeist geweckt wird.

Jetzt lenkt mich der Werner ab: "Wenn Du dann beim Arzt landest - die Rumhockerei in den Wartezimmern. Das ist doch schrecklich."

Hui, das ist mein Thema: "Ja, weil so viele so regelmäßig gehen. Meine Nachbarin, die geht sowas von regelmäßig: montags, mittwochs und freitags. Das war ja sogar unlängst die Schlagzeile in der BLÖD: 'Viele Alte gehen aus Langeweile zum Arzt.'  Und dann gibt’s die Profis, die machen Praxen-Hopping, nicht, um den Arzt zu wechseln, sondern die Wartezimmerbesetzung. Weil sie ihre Story schon mehrfach denselben Leuten erzählt haben und die Stories der anderen auch schon in und auswendig kennen. Wenn Du einmal anfängst, hängst Du drin: In unserem Alter muss es ja der Urologe sein. Von da zum Endokrinologen. Der schickt Dich zum Augenarzt. Und beim Hausarzt Deines Vertrauens landest Du dann irgendwann siewieso - ich auch. Wollte nur mal son bisschen Fango und Massage. Ich dachte: Da gehste hin, kriegst nen Attest und schwupps. Flöte: Der Doc fragt, warum ich das will. Ich sag: Ich sag: Ach, wissen Sie, der Rücken. Er: 'Der Rücken? Wann sind Sie das letzte Mal geröntgt worden?' - '25 Jahre....' Jetzt war ich dran. Ab in die Röhre, Computertomo-Dingsbums. Ist natürlich sau-teuer. Einmal rein und raus: 700 €. 1000 Patienten braucht's, bis sich der Apparat amortisiert hat. Ich habe zum wirtschaftlichen Nutzen beigetragen, komm zum Hausarzt zurück, der guckt sich den Befund an, sagt was von altersbedingtem Verschleiß und Schonung und verschreibt mir: Fango und Massage. Dann fragt er noch, ob ich nicht ne Kur wollte. Ich sag „Auf meine alten Tage?“ und erzähl noch, dass ich vor zwei Jahren alles probiert hab, aber alles abgelehnt wurde. Er sagt, mit dem Befund kriegt er ne Kur für mich durch. Du siehst ja: Jetzt, bloß ein Vierteljahr später bin ich hier, in Kur. Hauptanwendungen? Fango und Massage – Kostenpunkt? Ein paar lumpige Tausender."

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Montag, 14. März 2011

Mehr Lesen! Weniger posten!

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Bryson-buch

Was sich unsere Polit-Angestellten derzeit erlauben, geht auf keine Kuhhaut mehr.

Es lohnt nicht, darüber nachzudenken. Es ist auch sinnlos, weitere Kommentare zu posten.

Auf Twitter sind sich sowieso alle einig.

Auf Facebook trauern noch mehr dem Schaumschläger nach und ignorieren, dass er praktisch von allen Experten als Lusche qualifiziert wird.

Bleibt mir am Schluss der Appell:

Schreibt nicht soviel!
Lest mehr!

Zum Beispiel
Bill Bryson: "Eine kurze Geschichte von fast allem", Goldmann Verlag, ISBN-13: 978-3442460717

oder:
Wolf Reiser: "Die ganze Wahrheit über Stuttgart 21", Scorpio-Verlag, 2011, ISBN 978-3-942166-26-3

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Sonntag, 6. März 2011

Wer gehört nicht in diese Elf?

Kenner des FC Bayern werden es leicht haben, für die anderen ist es vielleicht etwas schwerer. Wir haben elf Namen aufgeführt, einer tanzt dabei aus der Reihe. Wer ist es?

Bitte hier klicken.

Wer mag, kann im Kommentar weitere Namen anführen von Spielern, welche in dieser Mannschaft auf der Ersatzbank sitzen könnten.

 

 

 

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