Montag, 26. März 2012

The Winner is: Neu-Ulm - sofern es will ...

Shootingstar Ariane Müller performed beim Finale des Festivals.

Das “1. Neu-Ulm PocketKlassiker-Festival” ist nun “rum”. Wer hat gewonnen? Das Publikum und wir MacherInnen haben gewonnen, weil wir riesig gute Kolleginnen und Kollegen erleben durften. Die Stadt Neu-Ulm hat gewonnen, wenn, ja wenn sie begreift, welch tolle Steilvorlage das AuGuSTheater Neu-Ulm mit der Rückendeckung von “Wir in Neu-Ulm” geliefert hat. Der Gewinn ist aber und nämlich erst wirklich einer, wenn es eine weitere Auflage gibt – oder gar eine Biennale. Das könnte eine richtig starke Neu-Ulmer Spezialität auf dem Sektor Kunst und Kultur werden.  Zu tragbaren finanziellen Konditionen!

Verloren haben alle, welche nicht begriffen haben, welche Erlebnisse in den zehn Tagen frei Haus serviert wurden.  Intelligente Unterhaltung!

Ja – und dann ist da noch ein Winner: Bernd Kohlhepp.                                                 
Award-02

Die Jury hatte sich auf Vorschlag des Veranstalters entschlossen, die beiden Produktionen des AuGuSTheaters nicht in die Konkurrenz zu nehmen, obwohl besonders “Willis wilde Weiber”, aber auch “fast Faust” als preiswürdig im Sinne der Kriterien angesehen wurden. Es sollte jeder Verdacht der Kungelei vermieden werden. Von den verbliebenen  Produktionen, die jede ihre ganz besondere Eigenart haben und für sich gesehen auch mit einem Preis hätten belobigt werden können, ragte dann aber doch heraus: “Schiller. Die Räuber oder so…” von und mit Bernd Kohlhepp.

Bestechend:
Das Schillersche Werk wird – hervorragend dramaturgisch bearbeitet – inhaltlich klar vorgestellt.
Immer wieder werden längere Passagen des Klassikers in der dem Dichter und seiner Sprache absolut gerecht werdenden Art und Weise mit großem darstellerischen Können geboten.

Improvisationskunst und kabarettistische Versiertheit bringen in richtiger Dosierung Erlebnis-Mehrwert erster Güte.

Jede Figur ist ständig erkennbar eindeutig charakterisiert.

Besonders imponiert der perfekte Wechsel zwischen seriöser Rolle und knitzem Impro-Spiel.
Award

Bühnenbild und Requisite sind aufs Mindestmaß reduziert, wobei Kohlhepps zeichnerische Fähigkeiten ganze Maler- und   sonstige Theater-Werkstätten ersetzen.

Das Jury-Urteil einhellig: Bernd Kohlhepp und sein “Schiller. Die Räuber oder so …” – das ist ganz große Kleinkunst, ist schlicht genial.
Bernd Kohlhepp  wird der “Steinle PocketKlassiker Award 2012″ zuerkannt.

Die Jury: Angélique Duvier (Schauspielerin und Regisseurin), Renate Koch (absolut erfahrene Theaterbesucherin), Stephan Salzmann (Vorsitzender der mitausrichtenden bürgerschaftlichen Initiative “Wir in Neu-Ulm”), Timo Schmidt (Schauspiel- und Regie-Student).

Der vom Ulmer Künstler Felix Burgel gestaltete  “Steinle PocketKlassiker Award” wurde gestiftet von Günter Steinle (Wohnbau Steinle, Neu-Ulm). Der Stifter hat die Absicht, diesen Award zu begleiten, das heißt: bei Neuauflagen des Festivals  den “Steinle PocketKlassiker Award” jeweils immer wieder als Preis-Sponsor aufzutreten.  Und Steinle hat die Absicht, den Preis auch zusätzlich zu dotieren. Der erste Träger des “Steinle PocketKlassiker Awards”, Bernd Kohlhepp, wird den Preis persönlich abholen – geplant ist die Übergabe im Zuge eines Auftritts des Künstlers im Rahmen der Festivitäten, mit denen die neue Spielstätte des AuGuSTheater Neu-Ulm im September eröffnet werden

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Samstag, 17. März 2012

Fehlt es am guten Willen? Oder am richtigen Bewusstsein?

Da initiiert der Stadtrat Neu-Ulm eine Reihe „Kultur im Dialog“. Bei der Auftaktveranstaltung geht es um „Integrierte Stadtentwicklung“. Dazu wird der Stadtplaner von Ingolstadt eingeladen. Der referiert über die Bedeutung der „Kreativen Klasse“, streicht heraus, wie wesentlich die weichen Standortfaktoren sind, weist hin auf den Megatrend „People follow people“. Helsinki ist derzeit Welthauptstadt des Design, Obertrend: „Ideen formen statt Objekte“. Parallel spekuliert man in den Zirkeln der maßgeblich werdenden und zunehmend richtungweisenden Kultur- und Kreativwirtschaft über Wege des „creative placemaking“. Die bürgerschaftliche Initiative „Wir in Neu-Ulm“ hat exakt auf dieser Linie Strategien erdacht und vorgelegt, welche gedanklich auf den oben angerissenen Trends basieren und praktikable Ideen einschließlich umsetzbarer Handlungsstränge aufweisen.

Wer das alles verfolgt, auf dem Sektor aktiv ist, für seine Kommune was tun will, als „creative initiator“  arbeitet, wird in Neu-Ulm  in den letzten Tagen (nun ausgerechnet nach diesem ersten „Kultur im Dialog“-Versuch) überrascht  gehäufte Presse-Publikationen zur Kenntnis genommen  haben, die Neu-Ulm präzise als Geisterfahrerin auf der Gegenfahrbahn zukunftsorientierten Denkens ausweisen:

Die Stadt sagt nur noch, was nicht geht  Südwest Presse, 17. März 2012

Kurz vorher noch hatte es geheißen:

Eine Bastion für die Kunst  Neu-Ulmer Zeitung, 16. Januar 2012

Feste feiern geht nicht überall  Südwest Presse, 17. März 2012

Zweite Chance für altes Donaubad  Neu-Ulmer Zeitung, 17. März 2012

Kulturbiergarten: Stadt prüft altes Donaubad  Südwest Presse, 16. März 2012

Umzug von der Flussmeisterei ins alte Donaubad geplatzt  Südwest Presse, 14. März 2012

 

So kommentierte Edwin Ruschitzka zu recht:

Es fehlt am guten Willen Südwest Presse, 14. März 2012

Wahrscheinlich fehlt es auch am Bewusstsein, welches notwendig wäre, wenn die Zukunft gelingen soll. Es wird ja gern kolportiert: Absolut knappe finanzielle Mittel beflügeln die Kreativität von Künstlern. Abgesehen davon, dass, wenn das stimmen sollte, unbedingt auch Politiker und andere Entscheidungs-Träger mit diesem Armuts-Trick zu mehr Kreativität gezwungen werden sollten, ist wohl eher festzustellen, dass Künstler, die Geld hätten für ihre Kunst, (noch) viel mehr bewegen könnten. Schon allein, indem sie durch irritierende Kunst das eingefahrene Bewusstsein attackieren könnten.

Wie hoch ist der Prozentsatz dessen, was wir Menschen unbewusst tun). Freud sagte bekanntlich: 96 Prozent. Die moderne Gehirnforschung sagt: noch viel höher! Nahezu hundert Prozent. Und wenn wir etwas anders machen (“innovativ” sein) wollen, muss das Unbewusste erzogen werden – ein absolut anstrengendes Unterfangen. Das Bewusstsein soll das Sein bestimmen. Aber wir lassen das Gegenteil immer wieder (gern?!) zu. Wir verharren in der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Deswegen ist die Katastrophe (finanzielle Engpässe, Fehlen von Ressourcen) oft Anlass, umzudenken. Das ist “natürlich”. Menschlich(er = unnatürlich) wäre ein vom Bewusstsein gesteuertes Umdenken.

“Wir müssen uns bewusst sein, welche Hürde unsere durch bewusstes Denken getroffenen Entscheidungen überwinden müssen. (Anm.d. Säzzers: Dieses verdammte Beharrungsvermögen, diese geistige Trägheit, diese liebgewonnenen Routinen) Sie müssen einen Weg ins kognitive Unbewusste finden, um bis zum Handlungsapparat durchzudringen.” – So der Top-Neurologe Antonio Damasio (in Antonio Damasio: “Selbst ist der Mensch. Körper, Geist und die Entstehung des menschlichen Bewusstseins”, Siedler Verlag, München, 2011, S. 295, ISBN978-388680-924-0).

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Mittwoch, 14. März 2012

Inspirieren, dass die Heide wackelt

Heute, 14. März 2012, postet der Kulturmanager Christian Henner-Fehr (Wien) auf seinem blog "Kulturmanagement Blog" einen absolut lesenswerten Super-Beitrag. Ich wiederum zitiere hier den richtungsweisenden Satz, der anregen sollte, Henner-Fehrs blog-Beitrag zu studieren:

Our Town” nennt sich ein Programm, hinter dem der Grundgedanke des Creative Placemaking steht. Was sich hinter diesem Begriff versteckt, erklären Ann Markusen und Anne Gadwa in ihrem gleichnamigen Whitepaper, in dem noch weitere Projektbeispiele beschrieben werden.

Ich behaupte mal: Die da ausgebreiteten Gedanken könnten uns in Neu-Ulm bestärken, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten (wobei "schreiten" nicht ganz korrekt wiedergibt, wie wir uns bewegen).

"Neu-Ulm: Neue Wege".

Hier, auf unserem noch immer rudimentären blog ist dokumentiert, was wir im Laufe eines einzigen Jahres bewegt haben, was zur Zeit läuft und was in der nächsten Zeit passieren soll.

Den “Creative Initiator –  that one person or small team that starts it all"  haben wir.

Das macht entsprechend der international ausgerufenen aktuellen Design-Aufgabe nichts anderes als: Ideen formen statt Objekte.

Das lokale Government wird heftig angestoßen, sich zu bewegen, und - hat tatsächlich schon "gemuckt".

Der private Sektor ist teilweise gewonnen. Wir strengen uns an, da noch mehr ins Boot zu holen.

Binnen eines Jahres sind wir von 22 Händlern auf jetzt knapp 60 Mitglieder aus den verschiedensten Bereichen gewachsen, da ist sogar eine Schule dabei, Dienstleister aller Art, Designer, Künstler, die Diakonie, Medien ....

Jetzt würden wir nach Lektüre allen um uns rum diesen Artikel gern in die Hand drücken und die Lektüre empfehlen. Er liefert alle Argumente. Aber wie wir von Antonio Damasio wissen: Das kognitive Unbewusste muss erzogen werden! (Antonio Damasio: "Selbst ist der Mensch. Körper, Geist und die Entstehung des menschlichen Bewusstseins", Siedler Verlag, München, 2011, ISBN978-388680-924-0).

Die entscheidenden Gedanken finde ich auf Seite 295 ff. Zwei kurze Passagen:

"Sich Zeit für die Analyse der Tatsachen nehmen, die Folgen von Entscheidungen zu bewerten und über die emotionalen Konsequenzen solcher Entscheidungen nachzudenken: das ist der Weg zum Aufbau eines praktischen Leitfadens, der auch als Weisheit bezeichnet wird. Auf der Grundlage von Weisheit können wir Entscheidungen treffen und darauf hoffen, unser Verhalten im Rahmen der kulturellen Konventionen und ethischen Regeln zu steuern, diev unsere  Biografie und die Welt, in der wir leben, geformt haben."

"Wir müssen uns bewusst sein, welche Hürde unsere durch bewusstes Denken getroffenen Entscheidungen überwinden müssen. (Anm.d. Säzzers: Dieses verdammte Beharrungsvermögen, diese geistige Trägheit, diese liebgewonnenen Routinen) Sie müssen einen Weg ins kognitive Unbewusste finden, um bis zum Handlungsapparat durchzudringen."

Das reicht mal für den heutigen Morgen. Der Handlungsapparat ist gefordert, es geht gleich weiter mit der Riesen-Aufgabe "Creative placemaking", praktisch, konkret. Dazu später mal mehr. Irgendwann.

Ach so - weil ich den Begriff oben schon erwähnt und nicht erklärt hatte - hier das Grundprinzip, wie es Ann Markusen und Anne Gadwa in ihrem Whitpaper darstellen:

“Creative placemaking animates public and private spaces, rejuvenates structures and streetscapes, improves local business viability and public safety, and brings diverse people together to celebrate, inspire, and be inspired.”

Meier, übersetzen Sie mal (Kommentar) - und dann lasst uns mal Neu-Ulm animieren, noch mehr rejuvenieren und improven; und lasst uns weiter diverse people zusammenbringen, die sich gegenseitig sowas von inspirieren, dass die Heide wackelt.

Wer dabei sein will, schreibt's im Kommentar oder mailt an: wir-in-neu-ulm@email.de

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Sonntag, 4. März 2012

Und was machen Sie so tagsüber?

Wenn Sie es noch nicht kennen – wir werden gern schon mal gefragt: “Ach, Sie sind Schauspieler. Und was machen Sie so den Tag über?”

Das AuGuSTheater Neu-Ulm spielt in dieser Woche die letzten beiden regulären Vorstellungen von “Willis wilde Weiber”, nämlich am Donnerstag, 8. März (absolut passend zum Internationalen Frauentag) und am Freitag, 9. März. Dabei ist anzumerken: Es gibt nur noch Restkarten – das Stück hat sich zum Publikumsrenner (kein Wunder – bei DER Resonanz) gemausert. Am Samstag, 10. März (um 20 Uhr) und am Sonntag, 11. März (17 Uhr) steht nochmals “fast Faust” auf dem Spielpan. Damit dürften die Akteure beider Produktionen eingespielt sein für ihre Teilnahme am “1. Neu-Ulm PocketKlassiker-Festival“, welches dann als krönender Abschluss der glorreichen Theaterzeiten im “Konzertsaal” über die Bühne gehen wird.

Obwohl dieses Festival schon jede Menge Energie verlangt, wird schon am Umzug in die neue Spielstätte gearbeitet. Dort soll am 21. September zum ersten Mal “der Lappen hochgehen”. Die Handwerker haben begonnen. Nach dem Festival wird im “Konzertsaal” abgebaut, was im neuen Theater wieder verwendet werden kann. Claudia Riese arbeitet am Finanzierungskonzept (einschließlich Ansprechen von Sponsoren und Beantragen von Zuschüssen), führt die Übernahme-Gespräche und -Verhandlungen und plant in bewährter Weise die innenarchitektonische Gestaltung.

Parallel zu allem beginnt am Dienstag dieser Woche die Probenarbeit zu “Männergespräche“. Das Stück von Morten Feldmann soll am 13. April Premiere haben. Es wird die letzte Produktion in der alten Spielstätte sein. Dabei wird die Umbruchsituation im Hause in besonderer Weise mitspielen. Heinz Koch führt die Regie und wird auf Stilmittel zurückgreifen, die in abgewandelter Form bei dem preisgekrönten Stück aus eigener Feder “Helden auf dem Abstellgleis” erfolgreich waren und auch schon zum Tragen gekommen waren bei “Kelly-Briefe“, einem Text von Wolf Wondratschek, den das AuGuSTheater nach persönlichen Gesprächen mit dem Autor in Wien in einer ganz besonderen Weise für die Bühne aufbereitet und uraufgeführt hatte. “Männergespräche” wird es bis Mitte Juni geben.

Bevor dann endgültig Ende Juni Schluss ist an der Silcherstraße 2, wird es noch einen Abend in der Reihe “Ohne Netz … ” geben, mit der die Neu-Ulmer Theatermacher immer mal wieder Themen auf eine besondere Art auf die Bretter bringen. Der letzte offizielle Abend im AuGuSTheater Neu-Ulm an der dann aufzugebenden Spielstätte ist am 29. Juni. Im Rahmen von  “Wohl-fühlen 2012“, einem einwöchigen (23. bis 30. Juni) Projekt der bürgerschaftlichen Initiative “Wir in Neu-Ulm” heißt es im Theater “Heilung über die Seele”. Es geht um “Lachen als Gesundheitsprophylaxe”, um “Theater auf Krankenschein”. Zur Sprache kommen Goethes Heilkunst-Ambitionen, die er mit dem Singspiel Lila verfolgte, sowie Molières bissige Ansichten zum Ärzten und Quacksalberei, wie er sie in “Der eingebildet Kranke” für die Bühne dramatisierte.

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